Back again! Andrea berichtet von ihrer Reise ins HOTPEC
Nach fast zwei Jahren habe ich mich in diesem Jahr entschlossen, noch ein Mal ins HOTPEC zu gehen.
Ein großer Teil meiner Motivation war, alle meine Freunde dort und auch die Kinder wieder zu sehen. Aber auch der Direktorin, Mama Beatrice, in ihrem Büro zu helfen. Durch den Verein MAHZUKAM e.V., den ich mit anderen Freiwilligen zusammen gegründet habe, standen wir in regem Kontakt mit ihr. Dadurch habe ich von ihren Problemen mitbekommen. Die Organisation des ganzen Hotpec mit all seinen Problemen lastet auf Beatrice Schultern . Vor diesem Hintergrund fiel mir die Entscheidung recht leicht, wieder für 3 Wochen nach Kamerun zu gehen .
Nachdem mein Flug gebucht war, kam es dann in gesamten anglophonen Teil Kameruns zu Protesten und sogar Streiks. Ursache ist, dass sich die anglophonen Kameruner von den frankophonen und der Regierung unterdrückt fühlen. Es war hier nicht einfach abzusehen wie sich die Streiks entwickeln werden, weshalb ich doch etwas gezögert habe. Endgültig habe ich mich dann knapp eine Woche vor meinem Abflug am 02.02. endgültig entschieden, wirklich zu verreisen.
Schule – keine Schule – doch Schule
Die Streiks in den beiden englischsprachigen Westregionen liefen weitgehend friedlich ab. Die Schulen wurden geschlossen, um dem Unmut der Bevölkerung Ausdruck zu verleihen. Das Bildungs- und Rechtswesen sei rein französisch orientiert und deshalb waren an den Schulen und Hochschulen die ersten Proteste. Man wollte zeigen, dass man sich nicht einfach unterdrücken lässt. Auch HOTPEC musste daher seine Primaryschool schließen und die Kinder zuhause lassen, um sich nicht dem größeren Ziel in den Weg zu stellen. Es bestand aber auch die Gefahr, dass radikale Protestler die Schule angreifen würden, wenn dort Unterricht wäre. Dies musste die Direktorin verhindern! Für die Kinder bedeutet das natürlich, dass sie seit Dezember keine Schule haben. Ein Ende der Proteste und der Streiks ist bis jetzt auch nicht in Sicht. Als ich ankam war mir natürlich klar, welches größere Ziel verfolgt wird und wie wichtig dieses für die Menschen aus Buea und Bamenda ist. Aber mir war nicht wohl bei dem Gedanken, dass sie Kinder zuhause sitzen und sich langweilen. Auch befürchtete ich, dass allen Unterrichtsstoff wieder vergessen haben, da sie ihn lange nicht mehr anwenden mussten.
Doch in diesem Punkt habe ich den Willen der Kinder und besonders der älteren Studenten unterschätzt. Zweimal in der Wochen unterrichten die ältern Studente die Kinder: so gibt es Computerunterricht, Englisch und Mathematik für alle Altersklassen. Außerdem haben die Großen mehrfach den Wunsch geäußert, unbedingt Deutsch lernen zu wollen. Also haben ich jeden Abend eine Stunde Deutsch unterrichtet. Schnell habe ich gemerkt, dass meine Sorge, dass sich die Kinder langweilen würden, unbegründet war. Auch außerhalb des selbstorganisierten Unterrichts gab jede Menge zu tun. Zum Beispiel auf der Farm, Ausbesserungsarbeiten an den Häuser und ähnliches. Natürlich ist es auch hier nicht anders als bei uns zu Hause. Die ersten paar Wochen haben die Kinder sich sehr gefreut, nicht in die Schule gehen zu müssen. Doch inzwischen vermissen sie nicht nur ihre Freunde, sondern auch das Gefühl etwas neues zu lernen. Mein Aufenthalt war so gesehen wirklich perfekt, da sie so auch durch mich Neues erfahren konnten.
Kinder kommen und gehen
In der langen Zeit, die ich nicht mehr im Hotpec war, hat sich viel getan. Die meisten Kinder, die ich von früher noch kannte waren zwar immer noch da, aber es gab auch einige neue. So gab es mehrere Babys, die ich bis jetzt noch nicht kannte: Deborah, Blessing, Victory und Emanuel. Für mich war es wieder schön zu sehen, wie glücklich die Babys mit ihren Pflegeeltern sind und wie gut sich die größeren Kinder um die kleinen Mitbewohner kümmern.
Leider hatte ich mit Emanuel nicht lange das Vergnügen, da er an meinem letzten Tag von seinem leiblichen Vater abgeholt wurde. Dieser war mit seinem Sohn aus Nigeria über die Grenze geflohen, weg von seiner Frau, die angeblich verrückt ist. An der Grenze wurde er von der Polizei aufgegriffen – wegen angeblichem Kinderhandel. Emanuel wurde ins Hotpec gebracht und sein Vater verbrachte die Wochen bis zu seiner Verhandlung im Gefängnis. Als er dann endlich frei gekommen war, kam er mit einer Delegation aus Nigeria um seinen Sohn wieder abzuholen. Der Abschied viel allen schwer, besonders aber Beatrice und Marie, die sich zusammen um das Kind gekümmert haben.
Zahnbürsten für alle
Frieder und Karin haben mir Zahnbürsten und Zahnpasta mitgegeben, die ihr Zahnarzt gespendet hat (keine Werbeware, der Zahnarzt hat alles selbst bezahlt!). Diese habe ich an alle Kinder verteilt. Als bekannt wurde, dass ich etwas zu verteilen habe, kamen alle Kinder angerannt in der Hoffnung auf Gummibärchen oder Luftballons. Im ersten Moment gab es natürlich Enttäuschung, weil dem nicht so war. Doch dann war die Freude über die Zahnbürsten auch groß. Und während die ersten sofort anfingen mit den neuen Bürsten ihre Zähne zu putzen, haben andere ihre ganz sorgfältig verstaut, um sie für später aufzuheben.
Bush meat
Mit den größeren Jungs hatte ich schon immer viel Kontakt, besonders dank der Kühe. Auch diese Mal war es wieder so und das eine oder andere Mal wurde ich gefragt wieder, ob ich nicht zum Melken kommen könnte. Damit wollten die größeren Jungs den neuen Kindern zeigen, dass ich diejenige war, die ihnen das Melken beigebracht hat und das, obwohl ich ein Mädchen und dazu auch noch weiß bin.
Neben der Arbeit und dem Deutschunterricht kamen wir aber auch immer wieder zusammen, um über „Gott und die Welt“ zu reden.
Einmal kam ich dann zufällig vorbei, als sie bei den Fischteichen eine Schlange erlegt hatten. Jetzt freuten sie sich auf ein selbst gekochtes Abendessen – natürlich mit bush meat. Und ich musste auch davon probieren. Dies war auf jeden Fall die Attraktion des abends. Doch es schmeckte gar nicht so schlecht. Ich hatte es mir schlimmer mir vorgestellt, es war leider nur etwas sehr scharf.